Phijelle Damaschke

1. Platz in der Jahrgangsstufe EF

Phijelle Damaschke
Bischöfliches Pius-Gymnasium Aachen

Ein schwarzer Lebensschimmer

Durch kleine Ritzen dringt die Luft.
Der Regen klopft ganz sanft ans Fenster.
Ich seh’ hinaus, seh’ in die Kluft.
Und hinter’m Schwarz steh’n leis‘ Gespenster.

Ich blinzle stark. Nur einer bleibt
Noch übrig von der and’ren Seite.
Ich frag’ mich, was ihn zu mir treibt.
Er könnt’ doch fliegen in die Weite…

Es sind die Flügel, die er schlägt.
Ich seh’ ihn fliegen, seh’ ihn schweben.
Ich weiß nicht, was ihn heut’ noch trägt.
Ich frag’ mich: Kann er Schicksal weben?

Vielleicht bin ich es doch allein.
Vielleicht bin ich es, der sich schindet.
Vielleicht muss alles halt so sein.
Doch nein, ich hoff’, dass man mich findet.

Ich sterb’ hier noch im dunklen Tal…
Sag: Kann mich wirklich niemand retten?
Ich hangle mich von Qual zu Qual,
Verhunger’ sanft, gelegt in Ketten.

Bin nie genug und auch nie schlank
Und viel zu feige, um zu sterben.
Verachten mich: ,,Du bist doch krank!”
Mein Körper ist verziert von Kerben.

Sie fragen heuchelnd: ,,Geht’s dir gut?”
Ich weiß doch, dass sie auf mich pfeifen.
Ich lächle: ,,Ja, mir fehlt nur Mut.”
Der Mut, um endlich mal zu greifen.

Nach Klingen oder einem Stern.
Es ist egal. Es muss nur munden.
Aus Splittern baut sich auf mein Kern
Ich kann nicht mehr mit all den Wunden…

Wie oft erklang schon mein Gebet?
Ich bat so oft um helfend’ Hände.
Wie oft schon habe ich gefleht
Ums Ende oder eine Wende?

,,Hey, ich bin da, ich bin bei dir”,
In meinem Ohr ein sanftes Flüstern.
Es sorgt dafür, dass ich nicht frier’.
Die Stimme klar und lebenslüstern.

Ich schau’ mich um, es ist der Geist.
Ein Lächeln auf den blassen Lippen.
Und Hoffnung, die die Seele speist.
Da ist viel mehr als Haut und Rippen.

Er reicht mir seine Hand ganz zart.
Ich nehm’ sie an und lass’ mich führen.
Mit meiner Seele er sich paart
Und langsam kann ich Leben spüren.

Er führt mich sachte zu dem Grau
Asphalt geziert von kalten Steinen.
Ganz sanft bedeckt vom Himmelsblau.
Er lässt die Sonne auf mich scheinen.

Es fließt in meinen Adern Blut.
Er füllt mit Atem meine Lunge.
Es überkommt mich Lebensmut!
Er legt die Sprache auf die Zunge.

Kann ich nun sagen, was ich fühl’?
Verstehe, wie die Kronen rauschen.
Ein Wind zieht auf – wie Eisen kühl.
Der Eisenstimme lässt sich lauschen.

Er singt ganz harmlos wie ein Hauch.
In meine Lungen will er dringen.
Mich opfern ist wohl einfach Brauch.
…Wie kann der Tod nur so schön klingen?

Er nimmt den letzten Atemzug.
Es sackt zusammen meine Hülle.
Hab’ nie gehört, wie spät es schlug.
Doch keine Leere, keine Fülle.

Ein Grab ist nun an diesem Baum.
Ins Land gegangen sind die Jahre.
Sie alle kannten mich zwar kaum,
Doch sie vermissen ihre Ware.

Sie logen heut’: ,,Du hattest Wert.“
Doch ewig bleibt’s nun leer, mein Zimmer.
Ich war wohl der, der Scherben kehrt.
Erst nach dem Tod kommt Lebensschimmer.